Warum ist HipHop so erfolgreich?
Wir Menschen mögen Geschichten und Fiktion. Während wir uns mit der Realität irgendwie arrangieren müssen, können wir Illusionen genießen. Wenn wir uns Idole suchen, denen wir nacheifern, dann sind das selten Handwerker, die mit ihrer Arbeit etwas Echtes, Nützliches erschaffen, sondern meistens Filmstars, Musiker und andere Prominente. Oft sind es Leute, die im Rampenlicht vorgeben, jemand oder etwas zu sein. Dass die Promis außerhalb ihrer Rolle womöglich ganz normale Menschen mit alltäglichen Sorgen sind, blenden wir aus.
Wenn wir diesen Gedanken einmal weiterdenken, kommen wir auf eine mögliche Antwort, warum HipHop so unfassbar erfolgreich ist. Denn in kaum einem anderen Genre präsentieren sich Leute so sehr als jemand anderes, wie im HipHop und Rap.
Inhalt
Erfolgreiches Genre
Kaum jemandem dürfte entgangen sein, dass es der HipHop geschafft hat, die einflussreichste Musikrichtung zu werden. Diesen grandiosen Erfolg von ein paar Kriterien abhängig zu machen, ist natürlich nicht möglich.
Denn wir leben in einer so komplexen Welt, dass es selten einfache Erklärungen gibt. Gründe für den Erfolg könnte es viele geben, so zum Beispiel die Beats, die sich ständig verändern, die Texte, die mitunter lyrischen Meisterleistungen gleichen, oder die Melodien, die zusammen mit den Rhythmen und den Texten zu einmaligen Einheiten verschmelzen.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es dem HipHop wie keinem anderen Genre gelingt, den Zeitgeist zu treffen. Genau an diesem Punkt wollen wir mit unseren Überlegungen, warum HipHop so erfolgreich ist, ansetzen.
Selbstdarstellung als Trend
Das 21. Jahrhundert ist von dem Trend geprägt, sich selbst darzustellen. Unsere Erfahrungen und Erlebnisse halten wir in Fotos oder Videos fest, die wir anschließend mit anderen teilen. Erst die Kommentare und Likes, die wir dafür erhalten, machen die Erfahrungen so richtig wertvoll.
Natürlich ist das ein wenig überspitzt. Aber wir leben in einer Zeit, in der das Smartphone unser ständiger Begleiter ist und uns immer und überall mit der ganzen Welt verbindet. Diese Verbindung nutzen wir weniger, um uns alle näher zusammenzubringen, sondern eher, um uns selbst möglichst weit zu verbreiten.
Die Selbstinszenierung ist allerdings kein Ergebnis der modernen Technik. Die moderne Technik hat die Möglichkeiten nur erweitert. Der Mensch möchte sein natürliches Ich schon seit jeher optimieren, ohne sich dabei zu sehr hinter die Fassade schauen zu lassen.
Ein alltägliches Beispiel dafür ist, wie viel Aufwand wir bei einem feierlichen Anlass betreiben. Wir tragen Kleidung, die wir im Alltag nicht anziehen, gehen zum Frisör, legen Schmuck an und schminken uns stärker als sonst.
Ähnlich wie die Stars und Promis, die wir bewundern, takeln wir uns also auf, um dem nicht alltäglichen Anlass gerecht zu werden und besonders hübsch auszusehen.
Rapper als Blender
Zugegebenermaßen sehr stark verallgemeinert, gibt es diese Selbstdarstellung auch im HipHop. Dabei lassen sich die meisten Songs in zwei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe sind die Blender.
Rapper aus dieser Kategorie erzählen darüber, wie viele Autos und Luxusvillen sie haben, wie groß ihr Vermögen ist oder mit wie vielen Sexualpartnern sie ihr Bett teilen. Sie berichten über Dinge, die Macht und Reichtum symbolisieren und Anerkennung einbringen.
Wie viel von solchen Aussagen tatsächlich der Wahrheit entspricht, steht auf einem anderen Blatt. Fakt ist aber, dass die Rolle, in der sich die Rapper inszenieren, dem entspricht, wovon viele junge Leute träumen.
Wer hätte nicht gern ein tolles Haus, eine Garage voller chicer Autos, lauter Designerklamotten im Schrank und ein prall gefülltes Bankkonto?
Überwiegend junge Zielgruppe
Dass wir explizit junge Leute erwähnen, liegt daran, dass die meisten Fans des Genres jünger sind als 20 Jahre. Natürlich gibt es auch ältere Menschen, die sich für HipHop begeistern. Aber Statistiken zeigen, dass Rap und HipHop vor allem bei den 14- bis 19-Jährigen besonders beliebt sind.
Das dürfte ein weiterer Erfolgsfaktor sein. Gerade in jungen Jahren gehört es schließlich fast schon dazu, aus Prinzip gegen geltende Normen zu sein und dagegen zu rebellieren.
Eine Musik, die die konventionellen Normen ablehnt, und stattdessen einen Lifestyle mit Luxus, Macht und Ruhm in Aussicht stellt, kommt da wie gerufen. Diese Illusion könnte nicht besser ins 21. Jahrhundert passen.
Vernünftige Rapper
Die zweite Gruppe sind die Vernünftigen. Rapper aus dieser Kategorie erzählen nicht von einem atemberaubenden Lifestyle, sondern von Situationen aus dem Alltag, mit denen sich viele von uns identifizieren können.
Darin kann es um Beziehungen und Liebeskummer, Stress in der Familie, persönliche Krisen, wichtige Entscheidungen oder einfach nur witzige Erlebnisse gehen. Das Ziel ist weniger, mit den Ereignissen anzugeben.
Es geht eher darum, die eigenen Erfahrungen zu teilen und aufzuzeigen, wie es laufen kann. Auch diese Teilhabe am Leben anderer, insbesondere wenn es Promis sind, trifft den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts bestens.
Allerdings ist dieses Phänomen nicht unbedingt dem HipHop vorbehalten. Auch in anderen Musikgenres möchten die Künstler Songs präsentieren, mit denen sich das Publikum identifizieren kann.
Denn wer sich wiedererkennt und in die Geschichte hineinversetzen kann, findet die Texte und damit auch die Songs und die Künstler gut.
Wichtige Botschaft
Der HipHop ist vor rund 50 Jahren in einem der ärmsten Viertel New Yorks entstanden. In der Bronx organisierten sozial benachteiligte Gruppen eigene Blockpartys, bei denen sie Musik auflegten, rappten, Breakdance tanzten und Graffiti sprühten.
Sie wollten auf diese Weise gegen den reichen und zumeist weißen Mainstream rebellieren, auf die Gewalt und die Missstände aufmerksam machen und dem „American Dream“, der für sie noch unerreichbar schien, zumindest ein kleines Stück näherkommen.
Die Botschaft sollte sein, dass es jeder nach oben schaffen kann. Der HipHop gab sozial Benachteiligten eine Stimme, verlieh ihnen Kraft und machte sie sichtbar. Bis heute will die Musik dazu ermutigen, sich nicht verunsichern oder unterdrücken zu lassen, sondern an sich zu glauben und mutig seinen eigenen Weg zu gehen.
In einer bunten und vielfältigen Gesellschaft, wie wir sie heute haben, ist diese Botschaft aktueller und wichtiger denn je.
Und wenn es etwas überzogene Selbstdarstellung braucht, um die Botschaft zu vermitteln, ist das völlig in Ordnung.
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